Dill-Zeitung
Birgit Welsch

Hermann van Veen: Sänger und Clown zwischen Melancholie und Fröhlichkeit

Der Holländer gab "Signale" in der ausverkauften Siegerlandhalle

4 feb 1984

Siegen: Eine perfekte Bühnenshow zeigte Herman van Veen seinem Publikum in der ausverkauften Siegerlandhalle. Der Allround-Künstler machte deutlich, daß er sich nur als Clown versteht. Er zeigte in seinem dreistündigen Programm, wie er die Welt sieht: mit offenen Augen und vielen Fragen.


Den Schwerpunkt hierbei bildete die Aufrüstung. Eine Zeitung mit der Schlagzeile "Die Bombe fällt nie" lag zu Beginn der Vorstellung auf den Zuschauerplätzen. Voller Ironie wird darin die Nachricht kommentiert: Die Welt ist auf den Kopf gestellt durch diesen schrecklichen Bericht, denn wenn die Bombe doch nie fällt, bringt uns das aus dem Gleichgewicht . . ."

Mit dem Geigenkasten unter dem Arm betrat van Veen leise von hinten aus dem Publikum die Bühne. In seinem Bühnenbild zeigt er einen Ballon, der für drei Stunden die Menschen mitnimmt auf große Fahrt, voller bunter Träume, .. . Ängste und Gefühle. So vielfältig die Darbietungen Herman van Veens sind, so perfekt erscheinen sie auch. Es gibt keine genaue Einordnung seiner Fähigkeiten, die musikalisch genauso vielschichtig sind wie schauspielerisch in Pantomime, Komik und Improvisation. Er hat sein Publikum im Griff. So gar den Applaus steuert er - im wahrsten Sinne des Wortes - im Handumdrehen.

Seine Tournee trägt den Namen "Signale". In dem Lied "Signale" geht es um all die Verfolgten dieser Welt. "Gebt jetzt ein Zeichen, ein Signal, daß Beharrlichkeit zum Ziele führt und daß ihr Schicksal uns berührt."

"Signale" bedeutet bei ihm nicht lautstark anzuprangern, sondern auch mit einfachen leisen Zwischentönen wirkungsvolle Effekte herbeizuführen. Er gibt Denkanstöße zu Arbeitslosigkeit, dritte Welt oder zwischenmenschlichen Beziehungen. Der Holländer gebraucht all seine Ausdrucksweise, um dies zu veranschaulichen. Auch "heiße Eisen", zum Beispiel Homosexualität, werden von ihm in Angriff genommen. Er gebraucht seine Körpersprache auch ohne Worte.

Wenn der General das Endzeit-Zählen übernimmt, bei "Zoro" ohrenbetäubender Lärm den Raum erfüllt, der General in den Kinderwagen springt, um in der gekrümmten Embryo-Haltung die Verantwortung zu verweigern, wenn schließ lich der riesige Lichtatompilz über den Hallenhimmel steigt und die Militärmusik aufspielt, so ist dies ein Bild, wie es nicht stärker betroffen machen könnte. Herman van Veen, der in keine Kategorie paßt, hat die Erwartungen der Zuschauer erfüllt. Der anhaltende Beifall zeigte, wie schnell doch der Funke übergesprungen war, denn er singt ja auch, "Ich hab ein zärtliches Gefühl für jede Frau, für jeden Mann, für jeden Menschen, wenn er nur vollkorfimen wehrlos lieben kann."

Seine Musiker bauten schon die Bühne ab, was Herman nicht davon abhielt, auch ohne Mikrofon nach den schon zahlreichen Zugaben doch noch auf einer Box sitzend ein Kinderlied zu singen. Unterstützt wurde er von einer nicht minder überzeugenden Mannschaft. Unter der musikalischen Leitung von Erik van den Wulf gingen Nard Reijnders, Chris Loo- kers und Cees van der Laarse weit über die Begleitfunktion hinaus, erhielten sie doch für gekonnte Instrumentalpassagen Einzelapplaus. Ronald Sickens de Wal entfaltete durch seine wirksame Lightshow ein Atmosphäre zwischen Vision und Wirklichkeit.



Birgit Welsch